Change und Resilienz: Nur zusammen stark!

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In Zeiten ständiger Transformationen und Veränderungen ist die Begeisterung für Changeprozesse im Unternehmen bei jedem unterschiedlich stark ausgeprägt und doch sind wir uns alle einig: Ganz ohne Veränderung geht es nicht.

Wenn in der Praxis häufig eine Neuerung auf die nächste folgt, ruft das oft Überforderung und Unmut hervor. Während das Thema Change relativ viel Aufmerksamkeit bekommt, rückt Resilienz als Führungsthema meist in den Hintergrund. Zwar ist das Thema in aller Munde, nachhaltig adressiert und implementiert wird es allerdings noch selten.

Das ist gerade vor dem Hintergrund, dass konstante Veränderungen das „New Normal“ sind und es nur noch selten Zeiten ohne Change geben wird sehr verwunderlich. Die Verantwortung, mit dieser Situation umzugehen, verbleibt allzu oft beim Individuum, während das Unternehmen mit Awareness-Schulungen scheinbar alles Mögliche getan hat .

Doch wird das den aktuellen Herausforderungen gerecht?

Als Beratungsunternehmen begegnen wir regelmäßig dem Wunsch, die eigenen Führungskräfte auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. Auf Druck von außen kann man unterschiedlich reagieren. Häufig arbeiten wir mit Standortbestimmungen oder spezifischen Trainingsmaßnahmen, die Entwicklungsfelder bestimmen oder eingrenzen sollen.

Speziell in großen, übergreifenden Trainingsprogrammen erkennen wir mittlerweile vermehrt Herausforderungen, die wir nicht vorhergesehen haben, die mittlerweile aber branchenübergreifend auftreten.

Gerade Führungskräfte wünschen sich Entwicklung, Trainingsmaßnahmen und Handwerkszeug. Sie sind hoch motiviert, im Sinne des Unternehmens ihr Bestmögliches zu tun und an der Zukunft mitzuwirken. Doch genau diesen Führungskräften fällt es oft gleichermaßen schwer, die Angebote der Personalentwicklung wahrzunehmen. Das äußert sich auf verschiedene Arten: Die No-Show-Rate geht nach oben, die Beteiligung an Gruppendiskussionen sinkt, die Teilnehmenden sind abgelenkt von den zahlreichen To-Do´s, die parallel zum Training bearbeitet werden wollen. Besonders in Online-Formaten ist dies eine große Herausforderung.

Interessant ist, dass die Feedbacks trotz dieser Entwicklungen meist positiv ausfallen.

Warum ist das so?

These 1: Es besteht aktuell eine Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Die Teilnehmer:innen sind dankbar für Entwicklungsmaßnahmen, haben aber nicht die Ressourcen, daran teilzunehmen.

Es ist nichts Neues, dass einige Teilnehmer:innen motivierter sind als andere. Uns überraschte jedoch die kollektive Wahrnehmung unserer Berater:innen. Es entsteht der Eindruck, dass die genannten Phänomene im gleichen Ausmaß steigen wie der Veränderungsdruck im Unternehmen selbst.

Herangehensweise

Intern nutzen wir agile Retrospektiven, um unser Handeln und unsere Ausrichtung zu hinterfragen. Diese haben wir genutzt, um genauer hinzuschauen. Die Kernfrage war:

Wieso passen häufig Wunsch, Wirklichkeit und Feedback nicht zusammen und was könnte die Lösung sein?

Vielen ist VUCA oder BANI bereits ein Begriff. Die Begriffe dienen zur Verdeutlichung der komplexen Welt, in welcher Führungskräfte ihre Entscheidungen treffen und ihre Teams leiten.

These 2: Wir sind immer routinierter darin geworden, in und mit der VUCA-Welt zu arbeiten, haben aber nie hinterfragt, ob wir auch genügend Ressourcen haben, um in dieser Welt zu arbeiten. Nur weil wir wissen, in welcher Welt wir leben, heißt das nicht, dass wir wissen, wie wir in dieser Welt überleben.

Die Anforderungen in Unternehmen sind hoch. Auf ihren Mitarbeiter:innen und speziell den Führungskräften im mittleren Management lastet ein enormer Leistungsdruck. Letztendlich fehlen schlichtweg die Ressourcen (beispielsweise in Form von Zeit, Konzentration, Leistungsfähigkeit, Fähigkeiten, Motivation), um die immer kürzer aufeinanderfolgenden Transformations- und Veränderungsinitiativen zu begleiten.

Doch Mitarbeiter:innen und Führungskräfte sind keine Maschinen. Und doch sollen sie jederzeit bereitstehen, die nächste Veränderung umzusetzen, ohne Zweifel am großen Ganzen, dabei mit individueller Note kritisch hinterfragen, aber ohne das Projekt zu bremsen.

Das ist Wunschdenken und realitätsfremd.

Ausschlaggebend ist: Wenn das Top Management nicht die Ressourcen hat, den Change zu begleiten, geht die Relevanz und somit die Chance auf Erfolg mit jeder weiteren involvierten Ebene mehr und mehr verloren. Spätestens hier wird es eine strukturelle Herausforderung. Einige gehen in den Widerstand, andere setzen Maßnahmen um, während wieder andere nur warten, bis auch dieser Kelch an ihnen vorbeizieht – hoffend, dass dies nun endlich das letzte Change-Projekt war. Doch in der VUCA-Welt kommt der nächste Change bestimmt und stellt die Organisationsstrukturen vor die nächste Herausforderung.

Spätestens jetzt wird Resilienz ein wichtiger Faktor und bleibt doch häufig unbeachtet.

Wir müssen unterscheiden zwischen der Resilienz des Individuums auf der einen Seite und der Resilienz der Organisation auf der anderen Seite. Auf der individuellen Ebene können Mitarbeiter:innen zwar gefördert werden, die Verantwortung bleibt aber letztendlich in der Hand des Einzelnen. Die strukturelle oder auch systemische Resilienz beschreibt alle Bereiche, die die Geschäftsführung, HR-Abteilungen und Organisationsentwickler:innen entscheidend mitgestalten können.

Eine zukunftsgerichtete Organisation(-skultur) muss eine solche strukturelle/ systemische Resilienz ermöglichen und fördern. So kann sie eine Antwort auf die Herausforderungen geben, denen wir uns gegenübersehen und uns aus den Krisen von morgen vielleicht sogar gestärkt hervorgehen lassen.

These 3: HR initiiert Trainings, während viele Veränderungen in operativen Entscheidungsgremien oder im Management eingeleitet werden. Eine übergeordnete Abstimmung aller Veränderungsprojekte fehlt und ein Blick für die Gesamtheit der Arbeitslast in den Abteilungen oder Bereichen ist nahezu unmöglich.

Lösungsansatz

Ansätze, die strukturelle Resilienz zu fördern, sind so zahlreich vorhanden, wie Organisationen, die vor diesen Herausforderungen stehen. Es braucht also einen systemischen Blick auf die Organisation, wenn Veränderungen erfolgreich gestaltet werden sollen. Für uns bedeutet systemisch in diesem Kontext, das blockierende oder hemmende Faktoren im System der Beteiligten identifiziert werden und im Kontext geplanter Trainingsmaßnahmen mitberücksichtigt werden müssen. Resilienz-fördernde Faktoren müssen in Zeiten komplexer Veränderungsprozesse die notwendige Aufmerksamkeit bekommen. Ohne wird es zukünftig immer seltener gelingen, Veränderungen erfolgreich und nachhaltig in der Unternehmenskultur sowie der Organisationsstruktur zu verankern. Unsere beschriebenen Erfahrungen deuten darauf hin, dass Unternehmen die Notwendigkeit zu handeln erkennen, den nötigen Aufwand aber unterschätzen. Mit Trainingsmaßnahmen erwünschte Veränderungen anzustoßen, ist häufig nur ein Baustein von vielen.

Stellen wir uns ein Training als eine lineare Maßnahme vor, also als spezifischen Input (Trainingsinhalt) mit erwartetem Output (zukünftiges Verhalten), so ist dies gemäß dem heutigen Kenntnisstand zum Verhalten in komplexen Systemen zu kurz gegriffen. Vielmehr müssen wir uns regelmäßig die Frage stellen, welche Grundvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um ein Training erfolgreich werden zu lassen. In der Praxis kann dies eine vermeintlich einfache vorangestellte Frage beantworten.

  1. Bevor ein Training zum situativen Führungsverhalten konzipiert wird, sollte die Frage geklärt sein, ob die Führungsrollen klar definiert sind und der Person mit dieser Führungsaufgabe die richtigen Ressourcen zur Verfügung stehen.
  2. Bevor eine Fehlerkultur eingeführt werden soll, muss klar sein, ob ich im Unternehmen die nötige psychologische Sicherheit habe.
  3. Bevor Trainings zum Empowerment stattfinden, müssen hierarchische Abhängigkeiten geklärt sein.

In der Praxis der Unternehmen bedeutet dies eine besondere Sensibilität für den Ist-Zustand der Organisation und eine ehrliche Antwort auf die Frage, was nötig ist, um eine Veränderung erfolgreich und nachhaltig umzusetzen.
Der anfängliche Mehraufwand wird sich bezahlt machen, wenn Entwicklungsmaßnahmen das spezifische Bedürfnis der Organisation und ihrer Mitarbeiter:innen treffen und Führungskräfte wie auch Mitarbeiter:innen die ernstgemeinte Chance bekommen, Veränderungen zu begleiten und zu gestalten.

Gerne stehen wir als Sparringspartner für Sie bereit und unterstützen bei der Suche nach passenden, nachhaltigen Maßnahmen.